Dienstag, 29. Januar 2013

Zwei Männer am Tresen



Der eine guckt in sein Bier, schaut zum Nachbarn hinüber. Der hat gerade eines bestellt. Kühl ist es, voll ist es. Und das Seine schon abgestanden, halb leer ist sein Glas. Nun, das mit dem abgestanden ergibt sich daraus, dass es nun schon sein siebtes Glas ist, sofern er das noch zu beurteilen vermag. Noch eines wäre zu viel, aber das halb volle abgestandene Bier zu wenig. Er befindet sich in einem Zwiespalt mit sich selbst. Warum hat der andere bloß solches Glück genau in diesem Moment, ein kühles Bier zu haben und er nicht. Er schaut es an, gelbe Perlen steigen auf, frische zeugend anhand der Tröpfchen am Außen des Glases. Warum er, warum nicht ich? NEID

Der andere Mann bemerkt das besoffene Glotzen des anderen natürlich. Er sieht ihn an, riecht seinen nach Alkohol duftenden Atem. „Alkoholiker“- sagt er zu sich selbst über ihn. Sein Bier, ganz frisch. Er sieht die Lust in den Augen des Gegenübers, er sieht sein abgestandenes Bier. Er denkt, er gibt ihm eines aus, auch wenn er noch halb volles Glas hat. Doch, wer ist er schon welch ein Wohlfartspriester, warum sollte er einem dehydrierten Alkoholkadaver  denn noch ein Bier ausgeben? Nein, warum sollte er. STOLZ


Da steht der Mann mit dem halbvollen Glas auf, bezahlt an der Bar sein Bier und drei Runden für den mit dem vollen Glas. Er schaut zu ihm hinüber, lächelt ihn kurz an und wünscht ihm einen schönen Abend. GÜTE


Der Andere ganz verblüfft, bedankt sich freien Herzens und hält kurz inne. Was hat er sich doch getäuscht. Was war los mit ihm? Nie wieder würde er so schnell ein Urteil fällen über jemand anderen, gewiss nie wieder. EINSICHT




Während der eine Mann geht und der Andere denkt, sitzt ein Kind schmunzelnd im Eck, das des Wirtes. Es hatte schon geschmunzelt bevor die Beiden zur Tür rein kamen, es schmunzelt auch nachdem der letzte Mann gegangen sein wird. Was war passiert? Das Kind lachte, und ohne es zu wissen haben beide das Kind lachen sehen können, doch der Alkohol betrübte die Sicht und sie erkannten nicht was offensichtlich war. Die Liebe. Unerbittlich kühn, unentwegt unmissverständlich, aus den Augen des Kindes heraus. Ohne Gegenleistung zu erwarten, ohne zu erahnen was passieren würde, liebte das Kind, weil es nun mal in der Natur von Kindern liegt, zu lieben ohne zu erwarten. Zu verzeihen ohne Absolution zu erwarten, zu geben ohne nehmen zu wollen. Habt ihr denn nie gesehen, was Liebe ist? Die Kleinsten unter uns tragen es in sich, wir können uns nur vage daran erinnern, was wahrlich edle Gefühle sind. Haben wir vergessen, dass wir nicht nach Liebe suchen müssen, sondern sie schon immer in uns trugen? Haben wir vergessen das Liebe nicht ein Ding ist zum Besitzen sondern dass man selbst die Liebe ist die man in der Welt vergebens sucht? Suchet ohne zu finden, d
enn ihr seid Alles in euch selbst.

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